Jaaaa. Wenn das so einfach wäre.
Denn wie sollen wir denn überhaupt erstmal wissen, ob und in welchem Gefängnis wir sitzen?! Ein Fisch kann erst erkennen, dass er im Meer ist, wenn es ihm gelingt aus dem Wasser zu springen und auch nur für eine Minisekunde zu merken, dass er im Meer ist. Vom „im Meer schwimmen“, weiß er nicht, dass er im Meer ist. Und so ist das auch mit uns. Durch unsere Erlebnisse in der Kindheit denken wir, das Leben ist genau so und wir müssen erst die andere, neue Erfahrung geschmeckt haben, um zu sehen, das wir im Gefängnis sitzen und nicht raus kommen, weil wir die Freiheit nicht sehen können oder zu viel Angst davor haben. Das heißt, wir müssten zunächst überhaupt erstmal merken, dass wir uns eingesperrt haben und wenn wir es dann schmerzlich festgestellt haben, auch noch den Schritt nach draußen zu wagen. Also mehr mit unserer Angst in Kontakt zu kommen, wenn wir einen Schritt nach draußen gehen.
Du hast vielleicht die Erfahrung gemacht, dass, wenn du nicht nach den Vorstellungen deiner Mutter bzw. Bezugsperson reagiert hast, sie dich mit Liebesentzug oderÄrger bestraft hat. Das tat weh. Du willst das nie mehr erleben; also versuchst du nach den Wünschen deiner Eltern und später deiner Mitmenschen zu leben. Ein Muster ist geboren und du nimmst es mit in dein Leben. Es irgendwie anders zu machen kommt dir gar nicht in den Sinn, denn du verhältst dich unbewusst danach und ganz tief in dir bedeutet das „anders verhalten“ Gefahr und du vermeidest dieses Risiko.
Du sitzt also im Gefängnis deiner frühen Erfahrungen und kannst dir gar nicht vorstellen, dass es anders sein könnte. Vielleicht unterdrückst du deine Bedürfnisse, setzt keinen Grenzen, lebst dich besser nicht. Aus unterdrückten inneren Bewegungen können sich auf Dauer Symptome entwickeln, wie z.B. Ängste, Depression, Zwänge usw. toxische Beziehungen.
Um aus dem Gefängnis auszusteigen, müsstest du jetzt entgegen deiner inneren Überzeugung anfangen, dich Dinge zu trauen, die das Risiko bergen, wieder einer solchen Verletzung und Gefahr ausgeliefert zu sein…und ja, das kann passieren. Aber mit dem Unterschied, dass du heute erwachsen bist und dich mit der anderen Person austauschen kannst. Im Gegensatz zu früher bist du nicht mehr ausgeliefert. Von deinen Eltern kannst du dich nicht trennen wenn du klein bist. Wenn du groß bist , kannst du das aber überleben, wenn jemand gehen sollte und auch wenn du gehst.
Das bedeutet, dass das ,was du unbedingt zu vermeiden versuchst und wovor du dich fürchtest, auszuprobieren und zu schauen, wie dein heutiges Gegenüber reagiert und nicht wie du glaubst, wie dein Gegenüber reagieren wird und daher lieber nichts wagst.
So kannst du neue Erfahrungen sammeln und meist ist die Welt nicht so böse, wie du denkst. Es ist dein Denken über die Welt; die Brille deiner Kindheitserfahrungen durch die du schaust, die dir die Welt so erscheinen lässt, wie du sie wahrnimmst.
Das kann mit sehr viel Angst einhergehen, denn nichts möchte man lieber vermeiden, als diesen alten Schmerz zu fühlen. Aber es verhilft dir zu einer heute realistischeren und freundlicheren Verbindung zum Außen.
Früher war das so. Heute nicht mehr. Das sind gute Nachrichten!
Eines Tages, nach vielen Jahren Arbeit mit mir selber, begriff ich, dass ich mir meine Grenzen selber steckte. Keiner da draußen, sondern ich war diejenige, die mir sagte: „Vorsicht, da draußen sind komische, aggressive Gestalten. Ich halte mich besser zurück, dann gibt es im Außen auch keine Explosion“. Wumm. Türe zu….Der Weg nach Außen ist zu. Ich bin doch nicht irre, sagte mein Unbewusstes. Mein Bewusstes merkte gar nicht, was ich dort tat. Ich sprach nicht von meinen Bedürfnissen, von meinen Grenzen und war weit weg vom authentisch sein. Ich bemerkte oft passiv-aggressives Verhalten oder Liebesentzug, den ich anderen auferlegte. Eines Tages wurde mir bewusst, dass ich im Gefängnis in mir saß. Nichts mit Lebenslust und Lebensfreude…………Ich war gefangen aus Angst, dass die Bombe hoch geht, wenn ich sage, was ich will. Da saß ich nun und hatte wahnsinnige Angst, auch nur einen Schritt aus der inneren Türe zu machen. Irgendwann begriff ich. Ok, wenn du was anderes willst, musst du einen Schritt nach draußen gehen. Ok. Wenn ich es doof finde, kann ich ja immer wieder in mein Gefängnis zurück. Zum ersten Mal probierte ich aus, wie es ist, sich auszudrücken und Bedürfnisse zu benennen. Und jetzt kommt es:
Es passiert gar nichts, außer meiner Angst, dass gleich etwas passiert. Es gibt dort draußen ganz andere Menschen, als ich sie in meiner Kindheit kennen gelernt habe. Die nicht meiner Erfahrung entsprechen; die mir zuhören, die mich ernst nehmen, die meine Bedürfnisse akzeptieren oder sogar bedienen. Ich stülpe also nicht mehr meine Erfahrung über alle da draußen, sondern mache neue Erfahrungen. WOW. Und auf einmal sehe ich nicht nur aggressive, angenervte Menschen, sondern sehr liebenswürdige, wohlwollende Menschen. Die habe ich vorher so gut wie nicht gesehen. Raus aus dem Gefängnis, damit der Himmel in leuchtendem Blau und warmen Gelb strahlen kann, manchmal mit ein paar Wolken, aber längst nicht mehr so dunkel, wie in der Gefängniszelle. Wir können unsere Realität mit der Äußeren abgleichen und nicht im „Ich weiß, wie es ist“ verharren.
Dadurch bekommst du mehr Freiheit und eigene Gestaltungsmöglichkeit in deinem Leben!